Aktion schwächt seine Autorität

Der Wirtschafts- und Sportpsychologische Berater Mirko Irion fordert eine harte Strafe für Heiko Herrlich.

Mirko Irion attestiert Bayer Leverkusens Trainer Heiko Herrlich eine höchstens mittelmäßige Stressresistenz.

Herr Irion, wie ist der Aussetzer von Heiko Herrlich während Pokalspiels in Mönchengladbach erklärbar?

Bei einer derart unüberlegten Aktion kommen zwei psychologische Faktoren zusammen: Der Druck, unter dem eine Person steht. Und das Tempo, mit der eine Situation auf denjenigen zukommt. Je höher der Stressfaktor ist und je schneller eine Reaktion erfolgt, umso größer ist die Gefahr einer Affekthandlung.

Gibt es dafür Beispiele aus dem Alltag?

Klar, etwa wenn jemand der Parkplatz weggeschnappt wird. Wer gerade gut erholt aus einem dreiwöchigen Urlaub kommt, reagiert anders als derjenige, der einen Termin hat und zu spät dran ist.

Hat bei der Schwalbe von Herrlich eine Rolle gespielt, dass er früher Stürmer war?

Sehr wahrscheinlich: ja. Antrainierte Verhaltensmuster prägen unser Verhalten im Alltag. Unbewusst ist er ins Muster verfallen, diese Situation zu seinem Vorteil nutzen zu wollen. Das gibt auch eine Selbstauskunft darüber, wie er tickt.

Wie?

Im Affekt kommt zum Vorschein, was in einem Menschen steckt. Heiko Herrlich steht zu Fairplay – solange es nicht zu seinem Nachteil ist.

Muss sein Aussetzer Konsequenzen haben?

Auf jeden Fall. Über diese Aktion den Deckmantel des Humors zu breiten, wäre falsch. Vor allem Kinder lernen durch Beobachten, ein Nachahmungsverhalten kann nur durch eine konsequente Bestrafung verhindert werden, die ebenfalls eine hohe mediale Aufmerksamkeit findet. Mindestens vier Spiele Sperre wären aus meiner Sicht angemessen.

Wie wird sich die Aktion auf das Verhältnis von Herrlich zu seinem Team auswirken?

Es gibt zwei Ebenen. Rational dürfte sie mit einem Augenzwinkern abgetan werden. Doch wichtiger ist das Unbewusste: Die Spieler spüren, dass ihr Trainer, was Stressresistenz angeht, nur Mittelmaß ist. Er ist nicht stabil, nicht souverän, nicht gelassen. Und das schwächt ganz klar seine Autorität gegenüber den Spielern.